Stadtverband Einbeck

Der Ukraine-Krieg. Eine Zeitenwende in Europa?

Vor fast genau zwei Monaten begann der Angriffskrieg auf die Ukraine durch  russlands Präsident Putin. Über 4,5 Millionen Menschen mussten ihr Land verlassen und fliehen. Das Leid der Menschen in der Ukraine ist unvorstellbar. Täglich sehen wir Bilder von Toten oder Menschen auf der Flucht. Nichts und niemand bleibt verschont. Der internationale Strafgerichtshof ermittelt wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen.

Das Thema Ukraine-Krieg stand am Freitag, den 22. April, im Mittelpunkt des gemeinsamen Dialoges zwischen der Europaabgeordneten und stellvertretenden CDU-Landesvorsitzenden, Lena Düpont, dem CDU-Landtagskandidaten für den Wahlkreis Einbeck, Dr. Andreas Kroll, und den Gästen im Alten Rathaus. Saskia Wegner (EU-Expertin) und Björn Liebig (stv. Vorsitzender CDU Einbeck) moderierten durch diese Veranstaltung.  In ihrer Begrüßung wies Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek auf die großen Probleme der Kommunen bei der Aufnahme von Flüchtlingen hin und nannte die Erstversorgung als momentan vorrangige Aufgabe.

Als Expertin für Europa-Politik bot Frau Düpont einen Einblick in die Problematik durch die europäische Brille. Man habe in Brüssel, so Düpont, Anzeichen für einen Krieg durchaus gesehen, auch wenn der genaue Zeitpunkt nicht abschätzbar gewesen sei. Aus ihrer Sicht sei die Verlagerung von Blutbänken das sichere Indiz für einen baldigen Angriff gewesen. Nach dem Angriff durch Russland, führte Düpont weiter aus, habe es große Einigkeit auf EU-Ebene gegeben, dass geholfen werden müsse: Man habe die Schutzrichtlinie umgesetzt, so dass die Menschen aus der Ukraine schnell Zugang zu Wohnung, Bildung und dem Arbeitsmarkt bekommen hätten, man habe die wirtschaftliche Macht Europas bei Sanktionen gegen das Putin-Regime eingesetzt und man habe die Themen „Ernährung“ und „Energieversorgung“ angesprochen. Bei der Ernährung leiste die Ukraine einen Anteil von bis zu 70% am World Food Program. Durch den kriegsbedingten Ernteausfall werde es auch in Europa zu Engpässen und weniger Auswahl in den Regalen kommen, was für die Europäer lediglich eine Einschränkung sei. Ernsthafter seien die Konsequenzen dieses Krieges für Länder der Dritten Welt. Mit Blick auf die Energieversorgung machte Frau Düpont deutlich, dass der zeitgleiche Kohle- und Atomausstieg Deutschland verwundbar mache. Bei alledem, was die EU an Rahmenbedingungen zur Bewältigung der Krise geschaffen habe, sei das enorme Engagement der Menschen vor Ort eine der größten Hilfen.

Deutliche Kritik äußerte Frau Düpont an der Weigerung der Bundesregierung, Flüchtlinge zu registrieren. Immer mehr Kinder gingen verloren, mehr und mehr Frauen würden in die Zwangsprostitution geschickt. Durch eine fehlende Registrierung könne nicht mehr nachvollzogen werden, wo diese Menschen seien. Deutschland sei insgesamt bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu kompliziert. Die Zeitenwende werde sicherlich, so Düpont, zu einem Umdenken führen müssen. Besonders Deutschland, das sich in der Mitte Europas gut eingerichtet habe, müsse mehr Einsatz für Europa zeigen. Eine gemeinsame Verteidigungspolitik mit dem Ziel einer europäischen Armee sei ein erster Schritt. In diesem Zusammenhang betonte Frau Düpont, dass Deutschland einer der größten Waffenexporteure der Welt sei, so dass es mehr bei der Unterstützung der Ukraine mit schweren Waffen leisten könne.

Dass Abläufe oft unnötig kompliziert sind, betonte ebenso der CDU-Landtagskandidat Dr. Kroll, der selbst als niedergelassener Arzt in Einbeck arbeitet. Zwar hätten ukrainische Flüchtlinge keine Krankenversicherung, seien jedoch durch ihren Aufenthaltstitel basisversorgt. Um jedoch ärztliche Behandlungen in Anspruch nehmen zu können, benötigten sie, so Dr. Kroll, einen Behandlungsschein. Dieses papierbasierte Verfahren sei sehr umständlich. „Andere Bundesländer sind da wesentlich weiter als wir hier in Niedersachsen“, sagte Dr. Kroll. Eine wichtige Aufgabe vor Ort sei die Integration. Diese beginne mit der Sprache, umfasse jedoch weiteraus mehr. Damit diese Mammutaufgabe gelöst werden könne, brauche man Fachkräfte, die auch die traumatischen Erlebnisse der Flüchtlinge im Blick hätten. Beide Politiker hoben vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels die Wichtigkeit des Ehrenamtes hervor, um schnell und pragmatisch auf die Situation reagieren zu können.

Eine Frage, die uns alle momentan umtreibt, zielte auf ein mögliches Ende des Krieges ab. Frau Düpont sagte ehrlich, dass sie auf diese Frage leider keine definitive Antwort habe. „Wir haben die Zeitenwende noch nicht erfasst. Es wird Engpässe geben, doch daran sterben wir nicht. Es sterben die Menschen in der Ukraine“, sagte Frau Düpont. Es bleibt abzuwarten, welche Wendungen uns noch erwarten. Eines scheint jedoch vorerst sicher: Die Zeiten bleiben unruhig und ungewiss.

Der CDU-Stadtverband Einbeck dankt besonders Lena Düpont und Dr. Andreas Kroll für die ausführlichen Darstellungen und Einordnungen sowie den Zuschauern, die diese Veranstaltung durch gute Fragen zu einem echten Dialog gemacht haben.

v. l. n. r. Saskia Wegner, Lena Düpont, Dr. Andreas Kroll und Björn Liebig